Dienstag, 29. September 2009

subjektivitis.

Entweder man freundet sich mit den putzigen kleinen Bällchen von Takashi Murakami an, oder schüttelt den Kopf vor diesem Hello Kitty durchtränkten Pop-Kitsch. Nackte Haut - Jim Kempner platzierte zwei leicht bekleidete Schönheiten vor seine Bude – wirkt zwar als eyecatcher, doch einer mit nackten Tatsachen überfütterten Gesellschaft wird Bekanntes schnell überdrüssig. Moderne Kunst hat es nicht leicht. Zu viel, das schon gesehen wurde, zu wenig, bei dem der Besucher sichtlich beeindruckt die Ausstellung verlässt. Bekannte Phrasen, die ihre Gültigkeit auch in New York nicht verlieren.
Eine stille und dennoch absolut präsente Erscheinung machen für mich Arbeiten des Bildhauers Jaume Plensa. Seine geschaffenen Skulpturen, die zugleich Wortkonstrukte sind, kulminieren zu einem eigenständigen Kosmos. Sie verharren auf Kieselsteinen, hängen an Wänden oder gehen mit der Natur einher – fragend und stets bewusst ist sich Plensa über die Wirkungskraft eines Gedankengangs. So scheint es nicht verwunderlich, dass der Spanier William Blakes Zitat „Ein Gedanke füllt die Unendlichkeit“ zur Prämisse seiner Werke machte. Der Besucher kann in Gegenwart der Exponate in sich kehren. Zeit zum Reflektieren in einer stilisierten, jedoch nicht minder authentischen Atmosphäre. Im Gegensatz zu anderweitigen in New Yorks Kunstszene verkehrenden Künstlern, kapselt sich Jaume Plensa ab von Voltairs Treffsicherheit: „Die Eigenliebe ist ein mit Wind gefüllter Ballon, aus dem Stürme hervorbrechen, wenn man hineinsticht.“
Gerade hier sollten unsere Politiker spitzhörig werden.
Ein Ausstellungsbesuch inbegriffen.

Mittwoch, 16. September 2009

worte sind frei.


Manchmal übertrumpfen zufällige Funde anderweitige Erlebnisse eines Tages. So die Novelle von Annemarie Schwarzenberger. "Eine Frau zu sehen" heißt das etwa 75 Seiten schlanke Schreibdebüt der damals 21 Jährigen. Inhaltlich steht die Faszination des (gesellschaftlich) Verbotenen im Vordergrund. Im Skiurlaub verliebt sich die Ich-Erzählerin in eine unbekannte, maskulin wirkende Schönheit. Verzweifelt und erdrückt von ihrer Liebe, räsoniert die junge Verliebte über Abhängigkeit und gegenseitigen Erwartungen von Umwelt und Individuum - ein Geäst aus Normen, Konventionen und gesellschaftlichem Druck.
"Manchmal glaube ich, das Warte nicht mehr ertragen zu können, als fliehe das Leben in diesen Stunden von mir."
Wer mit der Protagonistin mehr als 70 Jahre zurückreist, dem erschließt sich durch das Werk die Fragilität des Sein, wenn gewollt, aber nicht gekonnt wird. Dabei nahm das Wollen stets einen wichtigen Punkt ein im Leben Schwarzenbachs. Sie wollte ihren Weg bestimmen, trotz strikter mütterlicher Einengung in ein Leben, das der jungen Züricherin hinsichtlich Mutter Reneés Ideologie - sie sympathisierte mit den Nazis - nicht behagte. Auch die unerfüllte Liebe zu Erika Mann ließ ihrer mitunter exzessiven Drangperiode keinen Abbruch.
Annemarie Schwarzenberger ist keine (neuzeitliche) Virginia Woolf. Und das, obwohl beide Biografien durchaus von (innerer) Rastlosigkeit durchtränkt sind. Abseits vieler zeitgenössischer Literatur, vereint Woolf und Schwarzenberger jedoch die Qual eines Zwangs, der leider noch in vielen Ländern heimisch ist.

Dienstag, 15. September 2009

vorzüge des sein.

Ich gebe zu: nicht immer stelle ich meine eigentlich pro feministische Haltung in diesem Blog visuell dar. Schließlich sträuben sich bei Bildern von halb nackten Schönheiten die (rasiert oder nicht rasierten? [erinnern wir uns an die Simpsons: "heute auf dem Östrogenkanal: Männer!" "buuhh!"]) Beinhaare engagierter Blaustrümpfe.
Die sicherlich bekannteste unter deutschen Feministinnen verdächtigt bei nahezu jeder kleiderlos abgelichteten Frau das lüsterne Patriarchat als Übeltäter. Wobei das "Problem bei der Pornographie ist ja, da geht es nicht um nackte Haut oder um Sexualität, sondern um entpersonalisierte Sexualität" - und jene Rabentat ausgelöst durch "5000 Jahre Männerherrschaft." Für sie unbestreitbar: Männer sind das Übel. (Wir) Frauen das Opfer, das Repression und schreckliche Drangsalierungen über sich ergehen lassen muss(te).
Und nun ist der Ertrag einer neuen, aufstrebenden Generation bloßer Wellnessfeminismus? Und das nach über 30 Jahren langer Arbeit? Da schüttelt Frau Schwarzer ihren Kopf, kritisiert fehlende Substanz und Radikaliät und lichtet sich selbst ab bei einem doch eher frauenfreundlichen Blatt. Im Alter kommt also die Gleichgültigkeit?
Zum Glück gibt es Trends wie Röhrenhosen. Männer entdecken die Vorzüge slim fit geschnittener Kleidung und spielen ebenso mit Reizen und körperlicher Verzückung (man denke an die wunderbaren AA V-Shirts..). Dann ist alles gut? Mitnichten. Das Private und Öffentliche sind zwei verschieden Paar Schuhe. Aber sind wir ehrlich, beide Bereiche können entzücken.
foto:baptiste by lagerfeld

Montag, 14. September 2009

liebes leben.

Nach unzähligem bürokratischen Gezerre ist es nun soweit. Ganz betört von frischer Seeluft kann das erste kleine Eigenheim in knapp zwei Wochen bezogen werden.
Neben der Freude auf das bevorstehende Abenteuer, liegt allerdings noch die Langeweiles des gestrigen Kanzlergesprächs in der Luft. Merkel, Steinmeier. Gemeinsam einsam. Trotz aller Prognosen um das Auftreten der präsidialen Kanzlerin und ihrem sichtbar redewilligerem Kontrahenten, gab es für mich am Abend wenigstens ein freudiges Erlebnis. Boy by band of outsiders heißt die Marke des begehrten Objektes. In der Art hatte ich mir mein Abiturfeieroutfit sehnlichst gewünscht. Noch heute schüttel ich den Kopf, weil ich letztlich gegen das "gender mainstreaming" (ja, vergleichen wir das mal so...) Outfit entschied. Aber vergeuden wir den Tag nicht mit verpassten Gelegenheiten. Davon waren gestern schließlich zuviele vorhanden..