Donnerstag, 2. September 2010

Weltengefilde.

An manchen Tagen hat man das Gefühl, die Welt dreht sich irrsinnig schnell. An anderen wiederum meint man, die Zeit ziehe sich wie eine klebrige Masse auseinander.  Und an manchen Tagen wundert man sich zuweilen darüber, wie schnell das  Zeitgefühl aus dem Ruder gebracht wird.
Es hätte eine relativ ruhige Sommerpause für die SPD werden können. Umfragewerte bezeugen steigende Beliebtheit, die FDP verheddert Arme und Beine im eigenen Personenkarussell, und während sich die Kanzlerin als dogmatisch handelnde Sorgenfalte durch die Atomlobby räkelt, hätte die SPD mit Fahrtwind im Rücken konstruktiv von ihrer Oppositionshaltung ausgehend agieren können. Doch in Zeiten schonungsloser  ParteiKonsolidierung, gibt es immer wieder den ein oder anderen, der abseits der Politiktrasse für Aufruhr sorgt und an den Wurzeln der eigenen Riege wackelt.
Dieses Mal ist die Rede von Thilo Sarrazin. Waren es vor einigen Monaten Kommentare zur Integrationsdebatte, mit denen Sarrazin sich ins politische Abseits verfrachtete, so lockt er auch dieses Mal mit weit geöffnetem Mund. Und die Rabenschar Medien folgt. Sarrazin spricht aus, was viele unmittelbar als rassistische und diffamierende Äußerungen einordnen würden. Er redet vom gemeinsamen Gen der Juden, wirft spitze Thesen in den Raum über Migranten und Behinderungen und stochert eloquent im Stile der Jurisprudenz dort weiter, wo nicht mehr zu erkennen ist, ob seine  Ansichten mit sozialdemokratischen Werten vereinbar sind.
Wie schaut es  innerhalb der Partei aus? Kraft kommentiert auf hölzernem Posten, Gabriel legt, sichtlich genervt über Wiederholungstäter Sarrazin und dem Parteiklamauk, einen Parteiaustritt nahe, und Steinmeier – der sagt nichts. Bild dankt.
Auch unter Grünen und Linken häufen sich Kommentare, die einen Parteiausschluss Sarrazins befürworten: Künast beurteilte Sarrazins Verhalten als „dreist“; aus Ecken der Linken heiße es, dass Sarrazin untragbar für das Amt sei.  Fest steht: In der Opposition herrscht Geschlossenheit. Eine Geschlossenheit, die entsteht, wenn der eigene Finger in fremde Wunden drückt und die eigenen zuweilen außer Acht gelassen werden. Wie die SPD handeln wird, bleibt abzuwarten.
Zu hoffen ist allerdings, dass sie nicht den Erwartungen der Medien nachgibt. Und dass sie sich an die eigene Nase packt. Denn gewichtige Entscheidungen zur Integrations –und Einwanderungspolitik fielen in die Ära Rot-Grün. 
Es liegt also an der Parteispitze, das Zeitrad langsamer zu drehen und über eigene Fehler nachzudenken. 
Doch wie heißt es so schön: Die Welt ist eine Bühne und wir alle nur Schauspieler.

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