Dienstag, 14. Oktober 2008

I Dusseldorf I -a guy for hair



Ein Friseur muss dein Freund sein. Wen sonst würdest du in engstem Beieinander an das heilige Haupthaar lassen. Ein Freund und Gesprächspartner zugleich. Vielleicht auch ein Therapeut. Schließlich ist der Friseurbesuch ein mehrstündiges Ereignis.
Stefan Lupp ist einer von ihnen. Zwar kein Therapeut, aber ein Friseur. Und scheinbar ein sehr Guter, denn ansonsten hätte er wohl nicht zwei Mal den German Hairdresser Award gewonnen.

Keine gespielte Authentizität schwirrt in den Räumen des liebevoll eingerichteten Salons, den Lupp, genannt Lupo, bereits seit drei Jahren führt. Es eine echte, ernst gemeinte, die sich abseits des engen und lauten Stadtlebens kokonartig niedergelassen hat.
Was es hier zu sehen gibt, ist ein wenig Barock, eine Würze Kitsch und ein Flair der Aristokratie, der gepaart mit elektronischer Musik in einem postmodernen Spektakulum mündet. Mitten drin im überschaubaren Ambiente, das gleich neben der Kultkneipe „Zicke“ seinen Sitz hat, sind Lupp und sein Team, die beraten und auch abraten, wenn es notwendig ist. Es steckt eine gewisse Ehrlich –und Freundlichkeit in ihrem Tun, die so wohl nicht allzu häufig zu finden sein werden. In gelebter Gemütlichkeit verliert das Großstadtloch samt Hektik an Bedeutung, es ist möglich, ganze Sätze anstatt einzelner Phrasen hervorzubringen.

Hier kann also der persönliche Befreiungsschlag aus alten, angewurzelten Mustern stattfinden.
Denn primär steht ein Friseurbesuch doch für die Entfesselung aus altem Leiden.
Oder nicht?

In diesem Gezerre der womöglichen Neudefinierung des Selbst, das seinen Höhepunkt beim Betreten des Salons erreicht, tritt nun Inhaber Lupp in den Vordergrund.
Ein Chris Martin Verschnitt mit ruhigen Gesichtszügen, ein Endzwanziger, den nicht nur das Arbeitsutensil „Haar“ interessiert, sondern der während seiner „Anamnese“ versucht, den Wunsch des Kunden auf dessen Persönlichkeit zu beziehen. So schwankt das Gespräch über das Haar hinaus bis hin zum Outfit, Mode, Stil und existenziellen Fragen.
Wir sind eben alle kleine Philosophen.
                                                         
Aber wie ist er denn nun, der Herr Lupp?
Qualität ersetzt schließlich keine emotionale Barriere.

Wie ist er? Er kleckert und trieft nicht. Er schleckt. Lässt die Schere durch das Haar wandern, wirkt beherrscht. Herzlich. Ehrlich. Und von der Ehrlichkeit haben wir ja bereits gesprochen. Die Fähigkeit zur Reflexion paar er mit einem Funken Spott und Kritik.
Das aber in keinem Falle austretend wirkt. Und überhaupt: Er scheint auf dem Boden geblieben zu sein, ist sich über die Kurzlebigkeit und das stetige Engagement innerhalb der Branche bewusst. Gefasst und sicher agiert er –mit und ohne Schere.

Zum Friseurberuf kam er auf Umwegen, absolvierte eine kaufmännische Ausbildung, ehe er die Kunst des Schneidens für sich entdeckte. Und dabei blieb. In seinem Portfolio erstreckt sich gelebte Ästhetik, ein trashig-avantgardistischer Mix mit farblichen Akzenten, der jedoch zugleich ruhig und zerbrechlich wirkt.

Stefan Lupp spielt mit Zeiten und Epochen –seine Frisuren erzählen Geschichten und überwinden die Gegenwart. Er verweist auf die Wandelbarkeit eines Jeden, spielt mit der Individualität, formt und schneidert den Menschen in eine neue Richtung.
Zum Ritter geschlagen ist Frau oder Mann nach einem Besuch wohl nicht.
Aber wie ist die Moral des Salons? Über kurz und lang kann auch dies geschehen.

Weitere Informationen und Rezensionen unter
qype.com / www.lupo-der-haarschneider.de
Picture by qype

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