Eine schwarz verhüllte Frau blickt mit eindringlichen Augen auf den Betrachter. Bedrohlich ist ihre Erscheinung. Aber die Frau wirkt nicht nur bedrohlich, sie kratzt förmlich an der Oberfläche des Herzens. Diese schwarze Gestalt schürt Ängste. Existenzielle Ängste aus einer akuten Bedrohung heraus, die nicht nur für die eigene Person, sondern womöglich für zahlreiche Mitmenschen zur Gefahr wird. Per se durch ihren Tschador – samt Niqab.
Um sie herum verteilen sich Minarette. Wie schwarze Pflöcke siedeln sie auf rotem Grund. Nadelförmige Dächer, die weniger einen Leuchtturm darstellen als vielmehr einen Wachturm. Oder eine hochexplosive Mischung, die in Reih und Glied formiert ist – und ihre Zündschnur zischt bereits leise vor sich hin. An ihr hängt die Schweiz. Deutschland. Europa. Denn der Minarettstreit ist nicht erst seit gestern tief in nationalem Boden verwurzelt. Ebenso wenig die Kontroverse um Integration oder Religionsfreiheit.
Doch das Erschreckende, das diese Themen umzingelt, liegt in der Art und Weise, wie der Islam in den Medien präsentiert wird. Diese relativ eindimensionale Präsentation führt häufig zu dem Trugschluss, dass der Islam als Begriff und seine Assoziationen indes für jedwede Thematik herhalten kann – obwohl dieser einen eigentlich nur schwer zu definierenden Begriff darstellt. Die Annahme, es gäbe den Islam, ist zum Scheitern verurteilt. Medien berichten über Unrechtsregime, der Politisierung religiöser Inhalte oder radikalen (theologischen) Ideologien – in Verbindung mit dem Islam. Doch die Religion selbst ist weltweit zerstreut. In Indonesien, wo sie ihre meiste Anhängerschar hat. Im nahen Osten, in Europa etc.… . Und stets obliegt die Notwendigkeit, den Islam aus ethischer, politischer oder moralischer Perspektive zu betrachten. Dass diese – je nach Land und Bedingungen – variiert, macht es umso schwieriger, einen universalen zutreffenden Islambegriff zu finden. Islamberichten in den Medien fehlt zumeist jedoch diese Betonung der Mannigfaltigkeit des Terminus Islam. Häufig wird suggeriert, Islam an sich sei Unterdrückung, in ihm gäbe es keinen Wertepluralismus, er beachte nicht die Menschenrechte. Es gleicht einer Einbahnstraße, auf der sich viele Medien befinden. Nur weil global agierende Netzwerke Radikalismus in der Welt verbreiten, ist es nicht legitim, den Islam als Unrechtsreligion zu stigmatisieren.
Die Interpretation des Islams war schon nach Mohammads Tode ein entscheidender Punkt, der eine ganze Gemeinschaft in Zwei gespalten hat. Doch das häufig von den Medien präsentierte und an Populismus grenzende Islambild birgt die Gefahr, dass wir uns in einem Strickmuster verfangen und zunehmend den Blick verlieren für die Wirklichkeit. Radikal geschürte Doktrinen, wie sie dank der Schweizer Kampagne gestreut werden, lassen den Islam die bittere Note erfahren, die in so vielen Köpfen der Gesellschaft innewohnt. Dünne Luft, die hoffentlich nur solange hinreicht, wie sie ihre bis dato unwissende oder noch unaufgeklärte Nutzerkolonne einatmet.